Nachtrag: Ein paar Exponate

Zitat aus dem offiziellen Text: "Die CyberArts präsentiert den modellhaften Aufbau von PANCREAS, einer prozessualen Skulptur, die mithilfe von Biotechnologien Sprache und Literatur in Materie und Fleisch übersetzt. Die Seiten eines Buches (Hegels Phänomenologie des Geistes) werden geschreddert, in Wasser eingeweicht und in einen künstlichen Darm (Biofermeter) gepresst, wo Bakterien die Zellulose zu Glukose zerlegen. Nach ihrer Filterung und Reinigung ernährt die Glukose menschliche Gehirnzellen, die in einem Glasbehälter heranwachsen."

Ein Beispiel für die zu anfangs schon erwähnten Audio-Installationen, die auf Bewegung der Zuschauer und -hörer reagieren. Im Dachboden des OK hingen 4 Lautsprecher von der Decke bzw. vom Holzgebälk, der ganze Raum nur spärlich illuminiert. Aus jedem Chassis erklingen Geräusche und Töne, teils melodiös teils reine Ambients. Wenn man sich zwischen den Lautsprechern bewegt, verändern sich die Audios sowohl in Lautstärke als auch in Charakter, alles ineinander fließend. Fühlt sich ein bisschen an, als würde man Teil der Installtion werden.

Einer meiner Lieblinge: das "Cosmopolitan Chicken Project". Seit rund 15 Jahren kreuzt der Künstler (Koen Vanmechelen, NL) Hühner verschiedener Rassen aus aller Welt. Daraus ist ein Exemplar entstanden, das möglichst alle Hühnergene dieser Welt in sich vereint, also ein Gegenentwurf zu Rassismus jedweder Art. Ein wahrlich cosmopolitisches Wesen. Die Idee ist grandios, die Präsentation dagegen etwas skurril: Das hoffentlich gutgelaunte Tier sitzt in einem großen Käfig und lässt die Blicke und Fotoapparate der Besucher über sich ergehen.

Backsteine aus Pilzen. Echt jetzt!

Wieder mal das Thema "Interaktion zwischen Mensch und Maschine". In einem kleinen abgedunkelten Raum steht ein Stuhl, davor liegen regungslos zwei Roboterarme. Wenn man sich auf den Stuhl setzt, beginnt die Maschine, den Oberkörper und Kopf ihres Gegenübers ganz vorsichtig mit den Händen abzutasten. Erinnert in ihren Bewegungen dabei stark an Blinde, die ihre Umgebung versuchen durch die Fingerspitzen zu erfahren. Wer die natürliche Skepsis vor der Situation überwindet, erfährt am eigenen Körper, wie sensibel auch künstliche Hände sein können. Verblüffend.

Ein Kurzfilm über und mit ehemaligen Bergmännern. Zuerst sieht man Landschaftsaufnahmen aus einem verwaisten Braunkohletagebau, die riesigen Abraumflächen nur spärlich mit Vegetation geschmückt, das Synonym "Mondlandschaft" schießt einem unwillkürlich durch den Kopf. Dann erscheint ein Chor von Bergmännern, die in ebendiesem Bergwerk gearbeitet haben. Statt üblicher Kohlearbeiterlieder ertönen aber langgezogene Harmonien und Geräusche der alten Maschinen, die die Männer mit ihren Stimmen imitieren. Was sich nur umständlich beschreiben lässt, ergibt in der Kombination aus Bildern, Tönen und Geräuschen ein sehr intensives Erlebnis.

Als Marketing-Kampagne für eine japanische Girlieband wurden die Tanzbewegungen der drei jungen Damen per Motion Capturing eingefangen und diese Daten dann als Open Source der Welt zur Verfügung gestellt. Daraus ergaben sich tausende von Variationen, in denen verschiedenste Materialien und Visualisierungen auf das Drahtgittermodel gemapped wurden. Einige davon wurden in einem kleinen Trailer gezeigt, eine witzige Idee.

Wieder mal Bionik. Eine Pflanze auf einem Quadcopter montiert. Die Pflanze reagiert auf ihre Umgebung wie alle Pflanzen, dabei verändern sich elektrische Spannungen in ihren Zellen oder an ihrer Oberfläche - wer sich detailliert für das Thema interessiert möge nach "Pflanzenneurobiologie" recherchieren. Diese Spannungen werden von Sensoren aufgenommen und zur Steuerung des Quadcopters genutzt. Im Ergebnis fliegt also die Pflanze den Quadcopter. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich meinen nächsten Urlaubsflug bei ihr buchen würde...

Was für die Recording-Nerds unter uns. Auf vier leuchtenden Säulen ist jeweils eine Bandmaschine (irgendwelche Revox, den genauen Typ hab ich mir nicht gemerkt) montiert, allerdings nur mit einer Spule. Das Band läuft von dieser Spule am Tonkopf vorbei und unten lose in die Säulen. In Zyklen von einigen Minuten werden die Aufnahmen abgespielt, wenn sie komplett durchgelaufen sind spulen die Maschinen automatisch zurück, begleitet von dem bekannten Rewind-Geräusch.

In der Ausstellung "Schizophrenia Taiwan 2.0" gab es mehrere Videoinstallationen, deren Aussage sich mir leider nicht ganz erschloss, deswegen hier ein etwas konkreteres Beispiel. Eine Mao-Figur, auf ihrem Sockel nach vorn gebeugt stehend, unten dran ein Drehraddingsbums wie an einer Spieluhr. Und tatsächlich, wagt man es das Kunstwerk über dieses Drehraddingsbums aufzuziehen, richtet sich der gute alte Mao auf, um dann unter den Klängen eines Kinderliedes langsam wieder nach vorne zu sinken. Die Interpretation sei jedem selbst überlassen.

Sonst natürlich noch ganz viel und verschiedenes, aber das lässt sich unmöglich alles einzeln besprechen. Will in epischer Breite auch sicher niemand lesen. Deswegen abschließend einfach ein paar zufällig ausgewählte Bilder:

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